Verbindung zwischen der historischen Klimaanpassung und der heutigen Stoffwechselgesundheit
Menschliche Populationen haben sich in unterschiedlichen Klimabedingungen entwickelt. Um zu überleben, mussten ihre Körper ihre Wärmeerzeugung anpassen. Es scheint, dass diese unterschiedlichen Umweltbedingungen im Laufe der Jahrtausende als Selektionsdruck auf genetische und phänotypische Variationen gewirkt haben. Merkmale wie Energienutzung und Temperaturregulierung sind in diesen alten Anpassungen verwurzelt. Insbesondere das braune Fettgewebe (brown adipose tissue, BAT) und die Skelettmuskulatur spielen eine wichtige Rolle bei der Wärmeerzeugung.
Diversität durch Klimaanpassung
Das mit Unterstützung der Marie Skłodowska-Curie-Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahme(öffnet in neuem Fenster) (MSCA) durchgeführte Projekt ClimAHealth(öffnet in neuem Fenster) untersuchte, wie sich Gene, die mit der Thermogenese – der Fähigkeit des Körpers, Wärme zu erzeugen – zusammenhängen, in verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterscheiden. Die Forschenden analysierten die Genome von 26 Populationen aus vier Kontinenten im Hinblick auf genetische Hinweise zu Anpassungen thermogener Prozesse in den letzten 30 000 Jahren. „Wir fanden heraus, dass Gene, die an der Wärmeregulation beteiligt sind, in verschiedenen Populationen wiederholt von der natürlichen Selektion erfasst wurden, was möglicherweise dazu beitrug, dass die menschlichen Vorfahren mit den unterschiedlichen Klimabedingungen zurechtkamen“, erklärt Diego Salazar-Tortosa, leitender Forscher von ClimAHealth an der Universität Granada(öffnet in neuem Fenster) in Spanien.
Entschlüsselung historischer genetischer Signale in modernen Genomen
Die Forschenden fanden heraus, dass thermogene Gene tendenziell mit der Körpermasse assoziiert sind. Dies steht im Einklang mit dem Zusammenhang zwischen Wärmeerzeugung, Energiebilanz und Lipid-/Glukosestoffwechsel und deutet darauf hin, dass frühere Anpassungen an das Klima auch heute noch die Variabilität der kardiometabolischen Merkmale beeinflussen können. Darüber hinaus könnten diese Erkenntnisse helfen zu erklären, warum einige Bevölkerungsgruppen eine unterschiedliche genetische Veranlagung für fettleibigkeitsbezogene Erkrankungen haben. Wichtig ist, dass sie aufzeigen, wie durch frühere Klimabedingungen verursachte adaptive Ereignisse sich auch heute noch auf die menschliche Gesundheit auswirken können. „ClimAHealth vertieft unser Verständnis dafür, wie die menschliche Biologie durch die Umwelt geformt wurde“, meint Salazar-Tortosa. „Dieses grundlegende Wissen könnte in Zukunft in die Forschung im Bereich der personalisierten Medizin und der öffentlichen Gesundheit einfließen.“ Die Entwicklung eines neuartigen Rahmens(öffnet in neuem Fenster) des maschinellen Lernens ermöglichte es den Forschenden, komplexe Anpassungssignale im menschlichen Genom über die letzten 30 000 Jahre zu modellieren. Interessanterweise lieferte dieser Rahmen robuste Beweise für häufige, weit verbreitete genetische Anpassungen im Zusammenhang mit der Thermogenese.
Populationsvielfalt und genetische Muster
Durch die Analyse der Populationsvielfalt konnte ClimAHealth aufdecken, wo die genetische Anpassung am stärksten (oder zumindest am sichtbarsten) ist. Wie David Enard, der für die Untersuchung mitverantwortlich ist, erläutert: „Yoruba-Populationen in Afrika, die weniger historische genetische Flaschenhälse(öffnet in neuem Fenster) erlebten, zeigten besonders starke Anpassungssignale.“ Die Forschenden nahmen mehrere Populationen auf der ganzen Welt unter die Lupe und konnten Genomregionen identifizieren, die in verschiedenen Umgebungen wiederholt von der natürlichen Selektion betroffen waren. Das Verständnis dieser Muster hilft ihnen bei der Rekonstruktion der Evolutionsgeschichte menschlicher Populationen und könnte Aufschluss darüber geben, warum bestimmte gesundheitsbezogene Merkmale heute in verschiedenen Populationen variieren.
Klinische Relevanz und künftige Richtungen
Ein wichtiger Durchbruch von ClimAHealth war die Erstellung des BAT-Konnektoms(öffnet in neuem Fenster), einer kuratierten Gruppe von Genen, die mit der Funktion des braunen Fettgewebes in Verbindung stehen. Diese Gene wurden nicht nur evolutionär selektiert, sondern sind auch im menschlichen braune Fettgewebe stark ausgeprägt. Jonatan Ruiz, einer der Hauptverantwortlichen für die Untersuchung, weist darauf hin: „Diese Karte hebt Kandidatengene hervor, die den Energiehaushalt und den Stoffwechsel über das braune Fettgewebe beeinflussen.“ Obwohl klinische Instrumente noch nicht in Sicht sind, bietet das BAT-Konnektom eine solide Grundlage für künftige polygene Risikoscores, die mehrere Gene erfassen und sich auf fettleibigkeitsbezogene Merkmale konzentrieren. Insgesamt vertiefen die Projektergebnisse das Verständnis des menschlichen Genoms und seiner Evolutionsgeschichte. Auch hinsichtlich der genetischen Beteiligung am Krankheitsrisiko in verschiedenen Populationen ist dieses Wissen von entscheidender Bedeutung. Letztendlich öffnet es die Tür für künftige Anwendungen in der Evolutionsmedizin und der personalisierten Gesundheit.